Ausführliche Updates aus Haiti sind aufgrund der angespannten Lage vor Ort auch für uns nicht alltäglich. Diesmal schreibt uns ORA-Projektpartnerin Madeleine Avignon, wie die Menschen in den von ORA unterstützten Dörfern rund um Les Cayes ihre schwierige Situation meistern:
„Der Süden des Landes, in dem auch Les Cayes liegt, ist glücklicherweise nicht von Bandenübergriffen wie in der Hauptstadt Port-au-Prince betroffen. Doch die Inflation verschärft sich täglich, und Grundnahrungsmittel wie Speiseöl, Getreide, Seife und Kleidung sind in den ländlichen Regionen knapp. Durch die häufigen Straßensperren können die Menschen ihre ohnehin magere Ernte nicht auf den Markt bringen, um etwas Geld für ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Manchmal sitzen sie mit ihrer Ernte Stunden oder sogar Tage fest und müssen tatenlos zusehen, wie die frischen Bananen, Mangos und Avocados – ihre einzige Einkommensquelle – in der Sonne verderben. Das allergrößte Problem ist jedoch Treibstoff. Treibstoff ist unendlich teuer und kaum zu bekommen. Die Preise für eine Gallone Benzin oder Diesel haben sich verdreifacht und steigen weiter – an manchen Orten kostet eine Gallone Benzin inzwischen 15 US Dollar! Die Dorfbewohner*innen haben gelernt, mit den problematischen Verhältnissen irgendwie klarzukommen. Wir besuchen sie weiterhin, wegen des Treibstoffmangels jedoch etwas seltener. Die Gemeinschaftstreffen, unsere Trainings, den Austausch zwischen den Gemeindevorsteher*innen und das Reporting erhalten wir aufrecht. Auch das Mikrokreditprogramm läuft weiter, um den Menschen Zukunftsperspektiven zu eröffnen. Und die von ORA finanzierten Dorfkrankenschwestern kontrollieren nach wie vor regelmäßig die Gesundheit der Kinder und Erwachsenen.“
Auch der Schulbetrieb läuft glücklicherweise weiter. „Aktuell besuchen 438 Schüler*innen die Schule in Logou und 210 Kinder die Schule in Raymond. Alle ORA-Patenkinder können weiterhin zur Schule gehen. Zu Beginn des Schuljahres gab es aufgrund von Lieferschwierigkeiten und Straßensperren in den Süden zunächst Probleme mit der Schulbuchverteilung. Inzwischen konnten die Lehrer*innen jedoch entweder Schulbücher oder zumindest Kopien in den Klassen verteilen. Auch ihr warmes Schulessen erhalten die Kinder, allerdings derzeit nur dreimal pro Woche,“ berichtet Madeleine.
Eine zusätzliche Belastung für die Menschen in den ländlichen Regionen ist der Zustrom von Vertriebenen aus den Städten. „Auch kriminelle Bandenmitglieder suchen Zuflucht auf dem Land, wenn es ihnen in der Stadt zu gefährlich wird oder sie sich vor Sicherheitskräften verstecken müssen“, schildert Madeleine. „Wir hoffen sehr, dass die Sicherheitslage im Land sich bald verbessert und wir zu einer Art Normalität zurückkehren können!“
Diese Hoffnung teilen wir! Und werden die Menschen in Haiti weiterhin nach besten Kräften unterstützen. Kannst du uns dabei helfen?