Ganze fünf Monate verbrachte Maria Kierner im Rahmen ihres ORA-Freiwilligeneinsatzes an unserer Little Flower Schule in Ghana. In einem kompakten Reisebericht lässt uns die Andorferin an ihren Eindrücken und Erlebnissen teilhaben!
„Während in Österreich gerade der kalte Herbstregen einsetzte, stand ich plötzlich mitten in der ghanaischen Hitze, umgeben von rotem Sand, bunten Stoffen und singenden Kindern. Mein ehrenamtlicher Ghana-Aufenthalt über ORA war der Start in eine völlig neue Welt und rückblickend eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Fünf Monate lang durfte ich an der Little Flower School in Koforidua, etwa 80 km nördlich der Hauptstadt Accra, mithelfen und beim Ehepaar Otoo, den Gründern und Projektleitern der Little Flower Foundation, als Gastfamilie leben.
Die Schule wurde 2008 durch ORA finanziert und von Bernice und Paul Otoo aufgebaut. Was mit nur acht Kindern auf ihrer Terrasse begann, ist inzwischen zu einer vollwertigen Bildungseinrichtung herangewachsen, die heute von 265 Kindern besucht wird. Die Little Flower School besteht aus einem Kindergarten, einer sechsjährigen Grundschule und einer dreijährigen Junior High School (Mittelschule). Hier erhalten Kinder aus armen oder zerrütteten Familien nicht nur Zugang zu Bildung, sondern auch eine warme Mahlzeit, eine Krankenversicherung und bei Bedarf zusätzliche Unterstützung.
Der Zusammenhalt innerhalb der Schulgemeinschaft ist außergewöhnlich – es fühlte sich an wie eine große Familie und ich bin unendlich dankbar, dass ich ein Teil davon sein durfte. Besonders beeindruckt haben mich die Lehrerinnen und Lehrer, die sich mit großem Engagement um die Kinder kümmern. Sie geben nicht nur im Unterricht ihr Bestes, sondern haben auch stets ein offenes Ohr, kaufen Essen, wenn ein Kind hungrig ist, oder stellen Stifte und Hefte zur Verfügung.
Zu Beginn verbrachte ich sehr viel Zeit in der zweiten Klasse, wo ich Hausaufgaben und Schulübungen korrigierte und leistungsschwächere Kinder zusätzlich unterstützte. Ich habe dabei im Unterricht aber auch selbst sehr viel gelernt – über die (traurige) Geschichte Ghanas, den Sklavenhandel, die fünf ethnischen Gruppen in Ghana und ihre Traditionen und vieles mehr.
Später durfte ich den Kindergartenpädagoginnen Ruby und Nadia bei der Umstrukturierung und Neugestaltung des Kindergartens helfen.
Ein besonderes Herzensprojekt für mich war der Aufbau des Girls Clubs, ein langgehegter Traum meiner Gastmutter Bernice. Aktuell sind bereits 230 Mädchen aus Okorase, einem Vorort von Koforidua, Teil dieses Clubs. Unser Ziel ist es, die Mädchen zu empowern, eine Gemeinschaft aufzubauen, sie über ihre Rechte aufzuklären, Teenagerschwangerschaften zu verhindern und ihnen durch Workshops zu Themen wie Gesundheit, Aufklärung, psychisches Wohlergehen, Zeit- und Finanzmanagement sowie Gewaltprävention neue Perspektiven zu eröffnen.
Oft wurde ich gefragt, ob es denn nicht gefährlich sei, in Ghana zu leben. Ich hatte vor meiner Ausreise ehrlich gesagt auch Zweifel – neue Kultur, fremdes Land, komplett raus aus der Komfortzone. Heute kann ich sagen: Ich habe mich selten so willkommen gefühlt wie in Ghana. Von meinem ersten Tag an der Schule, als mir die Schülerinnen und Schüler ein Willkommenslied sangen, bis zur letzten, tränenreichen Umarmung meiner Gastfamilie am Flughafen – Ghana war laut, bunt, herzlich und manchmal chaotisch. Aber gefährlich? Kein bisschen.
Natürlich war nicht alles einfach. Manchmal prallten kulturelle Unterschiede aufeinander. Vieles läuft in Ghana anders – nicht besser oder schlechter, einfach anders. Genau darin liegt aber das Lernpotenzial: Wenn wir bereit sind, einander auf Augenhöhe zu begegnen, können wir unglaublich viel voneinander lernen.
Es war wunderschön, die ghanaische Kultur und Traditionen so hautnah zu erleben. Ob beim Tanzen auf einer Hochzeit, beim offiziellen Vorstellen beim Chief von Okorase (eine Art Bürgermeister oder König), beim Verlaufen auf dem vollgepackten Markt oder beim Dance-Battle auf der Schulweihnachtsfeier – all diese Momente werde ich nie vergessen.
Ich habe durch diesen Aufenthalt nicht nur viel über Ghana gelernt, sondern auch über mich selbst. Ich habe meine eigene Kultur und meine Privilegien hinterfragt, Selbstvertrauen gewonnen (besonders beim Sprechen vor großen Gruppen) und erlebt, wie viel möglich ist, wenn Menschen gemeinsam an einem Strang ziehen. Bernice hat oft gesagt: „Little drops of water make a mighty ocean“ – und sie hat so Recht. Auch ein kleiner Beitrag kann viel bewirken!“
Wir danken Maria für ihren Beitrag, ihr Engagement und die Offenheit, mit der sie sich auf dieses Abenteuer eingelassen hat. Wir sind überzeugt, dass alle Beteiligten sehr von ihrem Einsatz profitiert haben, und freuen uns, Maria auch zukünftig als ehrenamtliche Unterstützerin im Boot zu haben!
Du möchtest auch einen Beitrag leisten und die Little Flower Schule unterstützen?
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.